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Zusammenfassung der Aussagen des Sachverständigenrats zur Wohnungsbaupolitik

Der Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung hat am 1. November 2024 sein Jahresgutachten vorgelegt. Das Kapitel 4 befasst sich mit dem Wohnungsmarkt. Die unter dem Titel Wohnraumangebot ausweiten – soziale Härten im Blick behaltengetroffenen Kernaussagen haben wir für Sie zusammengefasst und teils kommentiert:

1. Ausgangslage

1.1 Angebot

  • Die stagnierenden Baufertigstellungen schwächen das Angebot bei gleichzeitigem Rückgang der der Wohnungsbindung unterliegenden Sozialwohnungen.
  • Zunehmende Knappheit von Bauland ist ein zentrales Hemmnis; zu schlechte Anbindung strukturschwacher Regionen mit Baulandpotentialen
  • Es kommt kaum zu neuen Aufträgen im Wohnungsbau.
  • Steigende Umnutzungstendenz von Nichtwohngebäuden zu Wohngebäuden, seit 2016 stagniert diese Entwicklung

1.2 Nachfrage

  • Die Steigerung der Nachfrage übersteigt den stagnierenden Neubau
  • Weniger Personen je Haushalt (Remanenzeffekt), mehr Wohnfläche je Person (seit 2000 um 8 qm je Person bis 2023) und Zuzug seit 2015 (2,8 Mio. oder 3,5 %) treibt die Nachfrage vor allen in den Ballungsräumen und dem Umland
  • Der Leerstand ist in den Ballungsräumen mittlerweile abgebaut und findet sich noch in ländlichen und wirtschaftlich schwachen Gebieten.

1.3 Kosten

  • Nach einer Stagnation der Wohnimmobilienpreise seit 1990, begann ab dem Jahr 2010 ein kräftiger Anstieg der Wohnungsmieten: Bei Bestandsmieten betrug die jährliche Steigerung 1,4%, bei Angebotsmieten 4%. Diese zunehmende Divergenz der Mietmärkte (unreguliert und reguliert) geht auf die staatliche Regulierung zurück und ist insbesondere in den kreisfreien Städten signifikant.
  • Stark angestiegene Gestehungskosten in allen Bereichen, die staatliche Regulation hat durch die Erhöhung der Grunderwerbsteuer, erhöhte Anforderungen an die Energieeffizienz sowie sonstige rechtliche Vorgaben dazu beigetragen.
  • Hohe Transaktionskosten (in Summe bis zu 15%)
  • Anfälligkeit der Wohnimmobilie für spekulative Investitionen
  • Regulatorische Hemmnisse führen zu Preissteigerungen

1.4 Soziale Auswirkungen

  • Es handelt sich um ein soziales Problem; davon sind vor allem Alleinerziehende, kinderreiche Haushalte und Zugezogene/Zugewanderte betroffen
  • Im Durchschnitt ist die Mietbelastungsquote im Verhältnis zum Einkommen in Deutschland seit den 2000er-Jahren weitgehend konstant geblieben und seit 2015 leicht rückläufig; regional gibt es jedoch große Unterschiede
  • Regulatorische Eingriffe können zu einer Segmentierung des Wohnungsmietmarktes führen; in Deutschland hat die Regulatorik dazu geführt, dass der Mietanstieg im regulierten Wohnungsmarkt gebremst wurde bei gleichzeitiger Beschleunigung des Anstiegs im nicht regulierten Mietmarkt; als Nebeneffekt kann eine Fehlallokation von Mietflächen im regulierten Markt einhergehen (Erhöhung der Wohnfläche je Kopf gerade im regulierten Mietmarkt)
  • Es ist zugleich ein spürbares gesamtwirtschaftliches Problem (Hemmung des Zuzugs von Fachkräften), das in wirtschaftlich starken Gebieten die wirtschaftliche Entwicklung hemmt.

2. Zentrale Lösungsbausteine

Angesichts der bestehenden Knappheit und des steigenden Bedarfs an Wohnraum in Ballungsräumen, ist es geboten, das Wohnraumangebot zu erhöhen.

2.1 Ausweitung des Wohnraumangebots

  • Mobilisierung von Baulandpotentialen: Dichtere Bebauung, Baulandpotentiale strukturschwacher Regionen durch bessere Verkehrsanbindung heben
  • Bauanreize setzen; stärkere Ausrichtung der Grundsteuer am Grundstück – anstatt dem Gebäudewert
  • Um das Angebot zu erweitern, müssen ungenutzte Flächen mobilisiert und baurechtliche Hürden abgebaut werden. Zügig Bebauungspläne erlassen!
  • Unser Kommentar: Der voraussichtlich zum 01.01.2025 in Kraft tretende § 246e BauGB („Bau-Turbo“) ermöglicht hier zeitlich begrenzt schnell neues Bauland zu schaffen. Ein Gesetz kann faktische Planungsbedürftigkeit jedoch nicht beseitigen. Es wird auf die Entscheidungsstärke der Gemeinden ankommen, ob es gelingt, wenig bedeutsame verwaltungsinterne Widerstände hintanzustellen.
  • Bebauungspflicht mit Vorkaufsrecht als Sanktion bei neu geschaffenem Bauland

2.2 Baukosten

  • Senkung der Baukosten durch harmonisierte Bauvorschriften (insbesondere für serielles oder modulares Bauen);
  • Senkung der Baustandards (Gebäudetyp E)
  • Unser Kommentar: Die Initiative der Bundesregierung, mit der Einführung des „Gebäudetyps E“ die Absenkung der Baukosten zu ermöglichen, dürfte durch die anstehenden Neuwahlen scheitern.
  • Förderung einer effizienten Nutzung von Bestandswohnungen durch den Abbau von Umzugsbarrieren und Unterstützung von Wohnungstauschprogrammen

2.3 Staatliche Regulation

  • Die Regulierung von Mieten durch die Mietpreisbremse und Kappungsgrenze löst die Ursachen der Wohnraumknappheit (…) nicht.“ Sie ist „sozial wenig treffsicher“. Eine gewisse Regulierung kann „temporär“ sinnvoll sein.
  • Eine Mietpreisregulierung ist nur dann vertretbar, wenn gleichzeitig wirksame Maßnahmen ergriffen werden, das Angebot auszuweiten.
  • Die Stärkung des sozialen Wohnungsbaus und die gezielte Unterstützung Benachteiligter (Subjektförderung) wird empfohlen.
  • Beschleunigte Abschreibungen und Senkung der Grunderwerbsteuer für Wohnungsneubauten wären wirksame Förderelemente.
  • Unser Kommentar: Denkbar wäre Fördermaßnahmen auf die durch Verordnung festgelegten Gebiete mit angespanntem Wohnungsmarkt zu konzentrieren. Sofern fiskalisch vertretbar, sollte in angespannten Wohnungsmärkten die Umsatzsteuer (wie bei Nahrungsmitteln) auf 7% für die Neuerrichtung von Wohnungsbau zu senken. Dies würde den Finanzierungsbedarf derzeit nicht profitabler Projekte sofort senken (die Bau(neben)kosten würden sofort um 12% gesenkte, im Gegensatz zur empfohlenen beschleunigten Abschreibung, die ohnehin bereits geltendes Recht ist).